Zone 2 Training: Zwischen Mythos, Wissenschaft und sinnvoller Anwendung
- Alexander Eigner
- 22. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Zone 2 Training wird oft als heiliger Gral für Fettverbrennung und mitochondriale Gesundheit beworben – doch was sagt die Wissenschaft? Ein detaillierter Blick auf Nutzen, Grenzen und Alternativen für Hobbysport, Leistungssport und Prävention.
Was ist „Zone 2“ Training?
Zone 2 bezeichnet eine moderate Belastungsintensität unterhalb der ersten Laktatschwelle (LT1) – typischerweise bei einem Laktatwert von 1,7–2,0 mmol/l. Sie liegt oft um 60–70 % VO₂max und entspricht einem „lockeren, aber anstrengenden“ Dauerlauf, bei dem man noch reden kann („Talk Test“).
In der Theorie soll Zone 2…
✅ die Fettverbrennung maximieren✅ mitochondriale Funktion fördern✅ Alterungsprozesse bremsen✅ Stoffwechselkrankheiten vorbeugen
Doch wie viel davon ist gesichertes Wissen – und wie viel ist Fitfluencer-Marketing?
🔍 Die Faktenlage: Was zeigt die Forschung?
Die aktuelle Übersichtsarbeit von Storoschuk et al. (2025) hat über 100 Studien zur mitochondrialen Wirkung, Fettverbrennung und Fitnessveränderung durch Zone 2 Training ausgewertet. Das Ergebnis: durchwachsen.
🧠 Mitochondrien: Zone 2 ist gut – aber nicht überlegen
🔬 Studien zeigen, dass…
Zone 2 kaum den AMP/ADP-Stoffwechsel beeinflusst
PGC-1α, der zentrale Biogenese-Faktor, wenig oder nur bei sehr langen Einheiten (90–120 min) aktiviert wird
kaum messbare Proteinveränderungen nach kürzeren Einheiten (< 60 min) auftreten
🔁 Im Vergleich dazu führt High-Intensity Training (HIT) deutlich effizienter zu:
stärkerem AMPK-Signal
höherer PGC-1α-Aktivierung
größerer Mitochondrienzahl & -qualität

🔥 Fettverbrennung: Ja, aber nicht exklusiv
Zone 2 verbessert die Fettverbrennung bei untrainierten Menschen – z. B. bei Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Adipositas. Aber:
Auch höherintensive Trainingsformen erhöhen die Fettverwertung.
Capillarisation, IMTG-Speicher und Enzymveränderungen treten teils nur bei >50 % VO₂max auf.
In trainierten Personen ist Zone 2 oft zu niedrig, um zusätzliche Anpassungen auszulösen.
🫀 Herz-Kreislauf-Fitness (VO₂max): Höhere Intensität ist entscheidend
💡 Der wohl stärkste Indikator für Langlebigkeit und Gesundheit ist cardiorespiratorische Fitness (CRF) – also dein VO₂max.
🔹 Zone 2 Training führt bei vielen Menschen nicht zu einer VO₂max-Steigerung.
🔹 In trainierten und gesunden Personen verbessert sich CRF nur bei intensiverem Training (z. B. ab 75 % VO₂max oder Intervalltraining).
🔹 Studien zeigen: Je höher die Intensität, desto stärker die Verbesserung – auch bei gleichem Trainingsvolumen.
🎯 Praxis-Einordnung: Was bedeutet das für wen?
🧬 1. Für Gesundheitsbewusste (50+, Prävention, „Healthy Agers“)
Ziel: Mitochondrien erhalten, Blutzucker stabilisieren, Herz schützen
✅ Zone 2 ist ein guter Einstieg, niedrigschwellig, risikoarm
⚠️ Reicht aber allein oft nicht, um VO₂max oder Stoffwechselgesundheit substanziell zu verbessern
🏋️♂️ Ergänze idealerweise mit moderaten Intervallen (z. B. 4×4 min bei 75–85 % HFmax) und/oder Kräftigungstraining
🚴 2. Für Hobbysportler:innen mit wenig Zeit
Ziel: Fitness verbessern, metabolisch „fit“ bleiben
🚀 Intervalltraining (HIT/MICT) ist zeit- und effektiver für Mitochondrien und VO₂max
✅ Zone 2 kann als Regenerationstraining oder für lange ruhige Grundlageneinheiten eingesetzt werden
⏱ 2–3 intensive Einheiten pro Woche + 1–2 lockere, lange Einheiten → optimal
🏆 3. Für Leistungssportler:innen
Ziel: Ausdauer maximieren, Training periodisieren
✅ Zone 2 hat klare Berechtigung: aerober Basisblock, Fettstoffwechsel-Training, psychische Entlastung
Aber: Studien zeigen, dass die extrem hohe mitochondriale Dichte in Profis nicht nur durch Zone 2 kommt – sondern durch Gesamtumfang + Spitzenreize
🔁 Polarisiertes Modell (z. B. 80 % Zone 1–2 / 20 % hochintensiv) ist erprobt
📚 Fazit: Zone 2 ist ein Werkzeug – nicht das Allheilmittel
✅ Ja: Zone 2 ist angenehm, sinnvoll und leicht umzusetzen
✅ Ja: Es hat positive metabolische Effekte – vor allem bei Einsteiger:innen
❌ Nein: Es ist nicht überlegen gegenüber höherintensivem Training
❌ Nein: Es reicht allein nicht aus, um optimale mitochondriale, metabolische und kardiale Anpassungen zu erreichen
🧾 Literatur
Storoschuk, K. L., Moran-MacDonald, A., Gibala, M. J., & Gurd, B. J. (2025). Much Ado About Zone 2: A Narrative Review Assessing the Efficacy of Zone 2 Training for Improving Mitochondrial Capacity and Cardiorespiratory Fitness in the General Population. Sports Medicine, 55, 1611–1624. https://doi.org/10.1007/s40279-025-02261-y




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