Radsport und Knochengesundheit: Wie sicher sind deine Knochen wirklich?
- Alexander Eigner
- 16. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
🔬 Wissenschaftlicher Hintergrund
Radfahren wird gemeinhin als gesunde Sportart beschrieben: Es ist gelenkschonend, kardiovaskulär effektiv und nahezu lebenslang durchführbar. Was viele jedoch nicht wissen: Gerade ambitionierte Radfahrerinnen – egal ob Hobby oder Elite – zeigen in Studien regelmäßig signifikant geringere Knochendichtewerte als gleichaltrige Nicht-Sportlerinnen oder Athlet*innen anderer Disziplinen.
Ziel dieses Blogbeitrags ist es, drei aktuelle Studien zusammenzufassen und in den größeren sportpraktischen Kontext einzuordnen.
Denn: Starke Muskeln bedeuten nicht automatisch starke Knochen.
🏋️️ Die Studienlage im Überblick
1. Olmedillas et al. (2012) – "Cycling and bone health: A systematic review"
31 Studien systematisch ausgewertet
Ergebnis: Radfahrer*innen, insbesondere auf Elite-Level, zeigen deutlich reduzierte Knochendichte (BMD) – v.a. in:
Lendenwirbelsäule
Becken
Oberschenkelhals
Ursachen:
Fehlender vertikaler Reiz (kein Impact)
Mögliche Auswirkungen von Hormonstatus, Red-S oder geringer Calciumzufuhr
Kombination mit Impact-Training (Laufen, Sprünge) mildert Effekt ab【172†source】
2. Florvåg et al. (2025) – "Exercise interventions to improve bone mineral density in low-impact sports"
Scoping Review mit Fokus auf Radfahren und Schwimmen
Nur 5 Studien identifiziert, die konkrete Trainingsinterventionen zur Verbesserung der BMD untersuchen
Effektive Maßnahmen:
✅ Krafttraining
✅ Plyometrie (Sprünge)
✅ Whole-Body-Vibration (WBV)
✅ Kollagen-Supplementierung kombiniert mit Impact
Verbesserungen gemessen in:
LWS
Femurhals
Hüfte【174†source】
3. Vikmoen & Rønnestad (2021) – "A Comparison of the Effect of Strength Training on Cycling Performance between Men and Women"
Fokus auf Leistungsentwicklung, aber wichtige „Nebenwirkung": Muskelquerschnitt (CSA) steigt deutlich
Kein Anstieg des Körpergewichts
Kraftzuwächse auch bei Frauen groß
Wichtiger Nebenaspekt: Muskelwachstum kann – über mechanische Belastung – auch osteogen wirken【173†source】

🧩 Warum ist Radfahren „knochen-neutral“ oder sogar „knochen-schädlich“?
Radfahren ist eine nicht-impact-basierte Belastung → keine stoßartigen Kräfte → geringe osteogene Reize
Die Position auf dem Rad (v. a. beim Zeitfahren) entlastet Wirbelsäule und Becken
Geringe Alltagsbelastung bei Profis (z. B. viel Liegen, wenig Gehen)
Viele Radsportler*innen vermeiden bewusst Krafttraining
🏃♀️ Was hilft? Praktische Empfehlungen
Zielgruppe | Empfehlung |
Anfänger:innen & Hobbyfahrer | 1–2x/Woche Krafttraining (Beine + Rumpf) + 1x/Woche Springen (Sprungkniebeugen, Seilspringen) |
Leistungssportler | Periodisierung von Krafttraining in Off- und Pre-Season + Fokus auf Hüft-/Beinachsen |
Masters-Athleten (>40) | Knochendichte regelmäßig kontrollieren (DEXA), WBV und Sprungtraining ergänzen |
Coaches & Trainer:innen | Trainingsplanung → Kombination aus mechanischem Reiz + metabolischer Belastung |
📊 Vergleich: Was funktioniert zur Verbesserung der BMD bei Radfahrer*innen?
Intervention | Wirkung auf BMD | Studienlage |
Krafttraining | + LWS, + Hüfte, + Femur | ✅ gut belegt |
Plyometrie | + LWS, + Femurhals | ✅ moderat |
WBV (Vibrationstraining) | + Hüfte | ✅ begrenzt |
Kollagen + Sprünge | Erhaltung Hüfte | ✅ innovativ |
Radtraining allein | – oder ↓ BMD | ❌ keine Verbesserung |
🔫 Transfer in die Praxis: Was bedeutet das für dich?
🚴 Hobbysportler*innen
2x/Woche Krafttraining (Beine, Rumpf)
1x/Woche Sprungtraining (z.B. Seilspringen, Sprungkniebeugen)
Calcium- und Eiweißzufuhr überprüfen
🔝 Ambitionierte Amateure / Masters (>40)
Jährliche DEXA-Kontrolle der BMD
Fokus auf Hüft-/LWS-Belastung im Training
WBV als alternative Methode bei Gelenkproblemen
🏆 Elitesportlerinnen & Trainerinnen
Off-Season: gezielte Kraftblöcke integrieren
Impact-Elemente einplanen (Sprünge, Sprints)
Periodisierte Supplementierung (z. B. Kollagen + Vit. D)
Langzeitbetreuung: Knochendichteverluste durch Wettkampfalltag kompensieren
📅 12-Wochen-Programm (Beispiel für Umsetzung)
Woche 1–4: 2x Krafttraining (Beine/Rumpf, Grundübungen) + 1x Sprungtraining (Seilspringen 3x30s)
Woche 5–8: Steigerung Wiederholungszahl + Explosivität (Box Jumps, Kniehebeläufe)
Woche 9–12: Kombination mit kurzen WBV-Einheiten (2x/Woche je 10min, 30Hz)
📃 Fazit: Radfahren ja – aber nicht für die Knochen allein
Radfahren ist eine exzellente Ausdauersportart. Für das Herz. Für die Lunge. Für den Kopf. Aber nicht für deine Knochen. Wenn du auch in 20 Jahren noch schmerzfrei, leistungsfähig und sturzresistent sein willst, brauchst du mehr als Wattzahlen.
Die gute Nachricht: Schon 2x pro Woche Kraft + 1x Impacttraining machen den Unterschied.
Starke Beine auf dem Rad sind gut. Starke Knochen unterm Sattel sind besser.




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