top of page

Leere Speicher – volles Risiko? Was aktuelle Studien zur Glykogenspeicherung vor dem Ausdauertraining wirklich zeigen

  • Autorenbild: Alexander Eigner
    Alexander Eigner
  • 21. Okt.
  • 4 Min. Lesezeit

🔬 Einleitung


In der Sporternährung gehört das Thema Carb-Loading und Pre-Exercise Nutrition seit Jahrzehnten zum Standardrepertoire. Dennoch herrscht gerade unter ambitionierten Ausdauersportler*innen und Coaches viel Unsicherheit: Wie schnell lassen sich Muskel- und Leberglykogenspeicher auffüllen? Reicht ein kohlenhydratreiches Frühstück? Ist Fruktose besser als Glukose? Und wie wirkt sich Hitze auf die Verwertung von Kohlenhydraten aus?

Vier wissenschaftlich hochwertige Studien – darunter eine aus dem Jahr 2025 – geben neue, zum Teil sehr differenzierte Antworten. Dieser Blogpost bringt die Studien zusammen, vergleicht sie kritisch, liefert praxisnahe Empfehlungen für unterschiedliche Zielgruppen – und erklärt, warum ich als Coach dieses Thema für fundamental halte.



🔢 Die Studien im Überblick

Studie

Setting

Intervention

Hauptbefund

Fuchs et al. (2025)【331†source】

12 trainierte Radfahrer

3 g/kg KH-Frühstück, 3h Ruhe

Keine Änderung von Muskel- oder Leberglykogen, trotz Anstieg der Konzentration

Gonzalez et al. (2015)【332†source】

14 Radfahrer, 3h @ 50% Wmax

Glukose vs. Saccharose (1.7 g/min)

Beide verhindern Leberglykogenabbau, Muskelglykogen sinkt, Saccharose steigert CHO-Oxidation mehr

Jentjens et al. (2002)【333†source】

9 Radfahrer, 90 Min bei 55% Wmax

Glukoseaufnahme im Hitze- vs. Kühlumgebung

In Hitze: höherer Muskelglykogenverbrauch, niedrigere exogene KH-Oxidation

Podlogar et al. (2022)

10 Radfahrer

Fruktose vs. Glukose-Frühstück

Fruktosehaltiges Frühstück verbessert Ausdauerleistung (Zeit bis zur Erschöpfung)


🔍 Was sagen die Daten?


🌾 Fuchs et al. (2025): Kein Speicheraufbau trotz KH-Frühstück?

Die aktuelle Studie von Fuchs et al. verwendete hochauflösende MRS-Technologie (7T) zur Messung von Leber- und Muskelglykogen【331†source】. Ergebnis:

  • Muskelglykogen: Keine Änderung trotz 3 g/kg KH

  • Leberglykogen: +10% Konzentration, aber -6% Lebervolumen → kein Netto-Anstieg

  • Interpretation: KH-Frühstück verhindert weiteren Abfall, erhöht aber Speicher nicht messbar


🌿 Gonzalez et al. (2015): Glukose vs. Saccharose im Training

In dieser Studie wurden 1.7 g/min Glukose oder Saccharose während 3h Radfahren konsumiert【332†source】:

  • Beide Formen verhinderten Leberglykogen-Abbau

  • Muskelglykogen wurde signifikant reduziert

  • Saccharose (wegen enthaltener Fruktose) steigerte CHO-Oxidation und senkte Fettoxidation


🔥 Jentjens et al. (2002): Hitze erhöht Glykogenverbrauch

Bei 35 °C und gleicher Belastung:

  • Muskelglykogenverbrauch +25 %

  • Exogene Glukoseoxidation reduziert

  • Subjektives Belastungsempfinden erhöht【333†source】

Fazit: Hitze verändert Substratverwertung und reduziert Effektivität von KH-Zufuhr

🍌 Podlogar et al. (2022): Fruktose bringt Vorteile?

Ein fruktosehaltiges Frühstück (z. B. via Obst, Saccharose) führte in dieser Studie zu:

  • Höherer Lactatbildung (durch Fruktoseverwertung in der Leber)

  • Verbesserter Ausdauerleistung (Time-to-Exhaustion +13%)

  • Keine gastrointestinale Beschwerden bei moderater Dosis



⏱️ Wissenschaftlich fundierte Zeitangaben aus den analysierten Studien:


Leberglykogen


  • Frühstücksaufnahme (3 g KH/kg Körpergewicht) führt laut Fuchs et al. (2025) nach 3 Stunden lediglich zu einem +10 % Anstieg der Konzentration, aber kein Nettoanstieg im Gehalt, da das Lebervolumen zeitgleich um 6 % sank.

  • In einer früheren Studie wurde gezeigt, dass eine hochkalorische KH-Mahlzeit (~140 g) die Leberglykogenkonzentration in 2–4 Stunden um bis zu 20–40 % steigern kann – allerdings bei untrainierten Probanden.

  • In der Studie von Gonzalez et al. (2015) zeigte sich, dass Leberglykogen durch Glukose- oder Saccharose-Zufuhr während 3 h Ausdauerbelastung nicht weiter abnimmt, aber auch nicht steigt.


➡️ Fazit Leber:

Unter realistischen Bedingungen (z. B. Frühstück mit 3 g/kg KH) ist keine vollständige Wiederauffüllung innerhalb von 3 Stunden zu erwarten. Frühere Studien zeigen: 2–4 Stunden mit höherer KH-Zufuhr können den Speicher deutlich anheben – jedoch abhängig vom Trainingszustand.


Muskelglykogen


  • Bei trainierten Athleten mit bereits hohen Glykogenwerten (z. B. >700 mmol/kg) bewirkt selbst eine hohe KH-Zufuhr keinen weiteren Anstieg innerhalb von 3 Stunden.

  • Ältere Arbeiten (z. B. Bergström et al.) zeigen, dass eine Erholung von 80 % der Muskelglykogenreserven bis zu 24 h dauern kann, wenn 8–10 g/kg KH täglich zugeführt werden.

  • Nach Exhaustion und adäquater KH-Versorgung (10 g/kg) steigt Leberglykogen schneller (innerhalb von 6–12 h) als Muskelglykogen.


➡️ Fazit Muskel:

Eine vollständige Wiederauffüllung dauert mindestens 12–24 Stunden, insbesondere bei trainierten Personen mit hohem Ausgangsspeicher. 80 % Wiederauffüllung sind innerhalb von ca. 20 Stunden möglich, wenn die Kohlenhydratzufuhr stimmt.



Abbildung: Glykogengehalt (mmol/kg Massegewicht) in Muskel (Blau) und Leber (Braun) unter verschiedenen Bedingungen“ – direkt basierend auf den Studien von Fuchs et al. (2025) und Gonzalez et al. (2015)
Abbildung: Glykogengehalt (mmol/kg Massegewicht) in Muskel (Blau) und Leber (Braun) unter verschiedenen Bedingungen“ – direkt basierend auf den Studien von Fuchs et al. (2025) und Gonzalez et al. (2015)

📘 Empfehlungen für verschiedene Zielgruppen


🚴 Einsteiger & Hobbysportler:

  • KH-Frühstück sinnvoll (2–3 g/kg), aber 2–3 h Abstand zum Training

  • Fokus auf Kombination aus Glukose & Fruktose (z. B. Toast mit Marmelade + Saft)

  • Kein Training >90 Min in Überhitzung ohne KH-Aufnahme


🏃‍♂️ Ambitionierte:

  • Wettkampfvorbereitung → Fruktose-Glukose-Mix (z. B. 60:40), 3–4 g/kg 3–4 h vor Start

  • Bei Hitze: geringere Mengen vor dem Start, da Absorption reduziert

  • Im Training testen: KH-Quelle, Timing, Magenverträglichkeit


🏅 Profis & Coaches:

  • KH-Strategie individualisieren je nach Thermoregulation, Transportproteinen, Glykogenstatus

  • → Fruktose kann Leberglykogen erhalten, Glukose Muskelglykogen liefern

  • Hitze: Kohlenhydrat-Periodisierung sinnvoll (z. B. "train low, race high")

  • Einsatz von Techniken wie NIRS oder Laktatdiagnostik zur Steuerung empfehlenswert



🧠 Warum dieses Thema so wichtig ist – eine persönliche Note


Als Coach erlebe ich es immer wieder: Sportler*innen unterschätzen, wie entscheidend der Füllzustand der Energiespeicher für das Training ist. Wer mit leeren Speichern startet, trainiert nicht "hart", sondern ineffektiv. Gleichzeitig zeigt die neue Forschung: Mehr ist nicht immer besser. Es braucht das richtige Timing, die richtige Form und das Verständnis dafür, dass Leistung und Energiezufuhr ein fein abgestimmtes System sind.

"Kohlenhydratstrategien sind kein 'copy-paste' aus dem Lehrbuch. Sie sind der Feinschliff in einem guten Coaching."


📔 Literatur (Auswahl)

  • Fuchs et al. (2025). Breakfast consumption does not rapidly increase liver or muscle glycogen content. AJP Endocrinol Metab【331†source】

  • Gonzalez et al. (2015). Glucose vs. sucrose ingestion and liver glycogen preservation. AJP Endocrinol Metab【332†source】

  • Jentjens et al. (2002). Heat stress reduces oxidation of ingested CHO. J Appl Physiol【333†source】

  • Podlogar et al. (2022). Addition of Fructose to CHO breakfast improves endurance. Int J Sport Nutr Exerc Metab. https://doi.org/10.1123/ijsnem.2021-0203


@Alex Eigner (aecoaching) Oktober 2025

 
 
 

Kommentare


bottom of page