Durability im Radsport: Was hinter dem Buzzword steckt – und wie du es im Training wirklich nutzen kannst
- Alexander Eigner
- 24. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
🔬 Einleitung: Warum „Durability“ gerade alle beschäftigt
In den letzten Jahren hat ein Begriff zunehmend Einzug in die Trainingssprache von Ausdauerathlet*innen gehalten: Durability. Vor allem im Radsport taucht er mittlerweile regelmäßig in Diskussionen, Trainingsplänen und wissenschaftlichen Publikationen auf.
Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Konzept, wie wird es gemessen – und was bedeutet das für die Trainingspraxis?
In diesem Beitrag analysiere ich zwei aktuelle wissenschaftliche Studien über Durability im Radsport:
Barsumyan et al. (2025): "Durability as an independent parameter of endurance performance in cycling"
Mateo-March et al. (2025): "Sex differences in durability"【233†source】
Beide Studien zeigen: Durability ist mehr als ein Modewort. Sie bietet einen neuen Blick auf Leistung unter Erschöpfung – und hat praktische Relevanz für alle, die mit langen oder intensiven Ausdauerbelastungen zu tun haben.
🪤 Was bedeutet "Durability" eigentlich?
Durability beschreibt die Fähigkeit eines Athleten, seine Leistung trotz zunehmender Ermüdung über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten. Sie wird oft als "vierte Dimension der Ausdauerleistung" bezeichnet – neben VO2max, %VO2max und Ökonomie (Economy).
Anders gesagt: Zwei Athlet*innen mit identischer Leistung im frischen Zustand (z. B. 20min-Power) können sich unter Ermüdung drastisch unterscheiden. Wer weniger einbricht, hat die bessere Durability.
🔢 Was die Studien zeigen: Methoden & Kernergebnisse
🎓 Studie 1: Barsumyan et al. (2025) – Amateur-Cyclists, Labor-nah
20 ambitionierte Amateure
5min- & 20min-Test im frischen Zustand
Fatigue-Protokoll (1000 kJ Workload bei 80% Schwellenleistung)
Danach: erneuter 5min- & 20min-Test
Ergebnis:
↓ 10.8% Leistungseinbruch bei 5min / ↓ 10.1% bei 20min
Keine Korrelation mit VO2max, FTP, Trainingsalter oder Umfang【232†source】
📊 Interpretation:
Durability ist unabhängig von klassischen Leistungsparametern. Ein hoher FTP bedeutet nicht automatisch geringe Einbrüche unter Last.
🎓 Studie 2: Mateo-March et al. (2025) – Profis, Feldstudie
42 männliche & 42 weibliche Profis (WorldTour)
Analyse der Leistung bei 0 / 10 / 20 / 30 kJ/kg Workload
10s / 1min / 5min / 20min Bestleistungen
Ergebnis:
Beide Gruppen verlieren bei >20 kJ/kg an Leistung
↓ Weibliche Profis haben stärkeren relativen Leistungsabfall, v. a. bei ≥1min Belastung【233†source】
Kein klarer Zusammenhang mit VO2max oder CP

(Power-Decay bei 1min, 5min, 20min in % bei 30 kJ/kg)
Eingefügt: Liniendiagramm mit Kurven für Männer/Frauen über 10/20/30 kJ/kg
🔍 Was bedeutet das für Training & Coaching?
1. Durability ist trainierbar
Daten deuten auf Verbesserung durch spezifische Belastung hin (z. B. langes Fahren bei 80-90% FTP)
Mentale Resilienz, Ökonomie & metabolische Anpassungen spielen eine Rolle
2. Durability ist individuell unterschiedlich
Bei gleicher Schwellenleistung: ↓ Unterschiedliche Abfälle nach Belastung
Training sollte auf dieses Profil angepasst werden
3. Standardwerte reichen nicht aus
VO2max, FTP, CP erklären nicht, was unter Ermüdung passiert
Durability-Protokolle sollten ergänzend in Testbatterien aufgenommen werden
🏋️ Empfehlungen nach Zielgruppe
🚴 Einsteiger:innen
Noch nicht relevant für Basistraining
Fokus: Grundlagenausdauer, Technik, Belastungsverträglichkeit
🚴♂️ Ambitionierte Amateure
1x/Woche Durability-Einheit: z. B. 3h Fahrt, letzte 30min @ FTP
Oder: 2x20min @90% FTP nach 90min locker
💪 Profis / Elite
Fatigue Resistance ist leistungsentscheidend
In Race-Pacing, Breakaways, Endspurts
Simulationen im Training: 1000 kJ + Schwellenintervalle
📚 Coaches
Durability-Test als ergänzender Performance-Check
Wichtig: Vergleich von frischer vs. ermüdeter Leistung über gleiche Dauer
Einsatz von realistischen Protokollen (z. B. Workload-basiert statt Zeit-basiert)

Woche | Schlüssel-Einheit | Ziel | Dauer/Intensität |
1 | 2x20min @85% FTP | Fatigue-Simulation | nach 2h locker |
3 | 4x8min @105% CP | Belastung unter Vorermüdung | nach 90min G2 |
5 | 3h Ausfahrt, letzter Anstieg "Vollgas" | Taktische Umsetzung | 2800-3000 kJ Gesamt |
📓 Fazit: Durability ist das fehlende Puzzlestück
Durability hilft zu erklären, warum zwei scheinbar gleich starke Fahrer am Ende eines Rennens völlig unterschiedlich performen. Sie ist nicht durch klassische Parameter vorhersagbar, aber mess- und trainierbar.
Wer sie ignoriert, verpasst einen zentralen Hebel für Rennerfolg, Trainingsplanung und Athletenentwicklung.
"Durability ist nicht neu – aber endlich messbar. Und damit trainierbar."
📔 Quellen:
Barsumyan A. et al. (2025). Durability as an independent parameter of endurance performance in cycling. BMC Sports Sci Med Rehabil.
Mateo-March M. et al. (2025). Sex differences in durability: A field-based study in professional cyclists. J Sci Med Sport.【233†source】




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